China verfügt über die zahlenmäßig größte Marine der Welt. Das Land modernisiert sich weiterhin schnell und seine Ambitionen, weitere atomgetriebene Flugzeugträger zu bauen, stellen eine klare Herausforderung für die Vereinigten Staaten dar.

Gerüchte über Chinas Plan, einen Flugzeugträger mit Atomantrieb zu bauen, wurden kürzlich vom Middlebury Institute of International Studies in Kalifornien bestätigt.

Nachforschungen haben ergeben, dass China einen Prototyp eines Kernreaktors für ein großes Überwasserkriegsschiff gebaut hat. Damit ist das Land seinem Ziel, den ersten nuklear angetriebenen Flugzeugträger zu bauen, ein gutes Stück näher gekommen.

Forscher des Middlebury Institute of International Studies untersuchten zunächst einen Reaktor, der in einer Bergregion außerhalb der südwestlichen Provinz Sichuan Plutonium oder Tritium für Waffen produzieren könnte.

Satellitenbilder, Personalakten und andere Beweise zeigten, dass China tatsächlich einen Prototypreaktor für ein großes Kriegsschiff auf dem Gelände des Nuclear Power Institute of China, bekannt als Basis 909, baute.

Aus den Unterlagen geht hervor, dass das für die Entwicklung von Flugzeugträgern zuständige 701-Institut, das auch als China Ship Research and Design Center bekannt ist, Ausrüstung für die Installation eines Reaktors auf einem wesentlich größeren Kriegsschiff beschafft hat.

Das Institut stellte fest, dass rund 112 km außerhalb von Chengdu ein Prototypreaktor für den Antrieb von Kriegsschiffen aufgebaut wurde.

Obwohl der Bau eines nuklearbetriebenen Flugzeugträgers länger dauert als der eines herkömmlichen, bieten seine Fähigkeiten viele Vorteile.

Die einzigen beiden Länder, die über nuklear angetriebene Flugzeugträger verfügen, sind die Vereinigten Staaten und Frankreich. Allein die USA haben 11 Flugzeugträger.

Nuklearträger können mehr Energie für den Betrieb fortschrittlicher Systeme erzeugen, verfügen über mehr Platz für Waffen und Treibstoff, der für den Betrieb eines Flugzeugs benötigt wird, und können lange Zeit auf See bleiben, da sie keine Rücksicht auf den Bedarf an Treibstoff nehmen müssen.

Zu den fortschrittlichen Systemen gehören unter anderem innovative Radare, technologisch fortschrittliche Waffensysteme und elektromagnetische Abschussgeräte.

Diese Bemühungen entsprechen dem Bestreben des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, den maritimen Raum strategisch zu beherrschen, insbesondere den Raum außerhalb des chinesischen Territoriums.

Die chinesischen Behörden haben die Ergebnisse der Forschenden zwar noch nicht bestätigt, doch es sieht so aus, als würde China in diese Richtung arbeiten – egal, ob die Pläne schon umgesetzt werden oder noch in der Theorie stecken.

Die Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden erklärte: "Mit nuklearbetriebenen Flugzeugträgern würde China zu den führenden Seemächten der Welt gehören."

Obwohl die Forschenden nicht feststellen konnten, ob der Reaktor noch in Betrieb ist, befinden sich auf der Basis 909 sechs weitere Reaktoren, die entweder in Betrieb oder im Bau sind.

Satellitenbilder, die zwischen 2020 und 2023 aufgenommen wurden, zeigen den Bau eines Wasserreservoirs und den Abriss von Häusern in der Nähe des zukünftigen Reaktorstandorts.

Zu den im Rahmen der Untersuchung gesammelten Dokumenten gehören Verträge für Dampferzeuger und Turbinenpumpen. Diese Teile sind alle für die Antriebsreaktoren der Marine bestimmt.

Die ExpertInnen des Oslo Nuclear Project haben den Bericht überprüft und bestätigt, dass die Argumente der Middlebury-Forschenden fundiert und überzeugend sind.

Auch wenn es noch viele Unklarheiten über die Einzelheiten des Projekts gibt, bezeichnet das Open Nuclear Network die Ergebnisse als "gründlich" und "überzeugend".

China besitzt derzeit drei Flugzeugträger: die Liaoning, die Shandong und die Fujian (Typ 003). Alle drei Träger verfügen über einen konventionellen Antrieb. Die ersten beiden Träger sind sowjetischer Bauart, von denen einer ein umgebautes sowjetisches Schiff ist. Beide nutzen die so genannte Skisprungmethode, um Flugzeuge zu starten.

Die Fujian hingegen wurde in China entworfen und gebaut und ist die erste ihrer Art. Ähnlich wie bei den konventionellen Schiffen der US-Marine ist das Startsystem elektromagnetisch.

Noch bevor China mit der Erprobung der Fujian begann, bestätigte das Land bereits die Produktion eines vierten Flugzeugträgers, ohne jedoch zu bestätigen, dass es sich dabei um ein nuklear-betriebenes Schiff handeln würde.

Das Institute for Strategic Studies betont, dass größere Flugzeugträger, die den US-amerikanischen Modellen ähneln, China mehr Möglichkeiten geben würden, seine Macht weltweit zu demonstrieren.

Analysten gehen davon aus, dass China diese Flugzeugträger vor allem dort einsetzen wird, wo umstrittene Territorien liegen, vielleicht auch die seiner Verbündeten entlang der "Ersten Inselkette".

Die sogenannte Erste Inselkette schließt Taiwan mit ein. Während Taiwan sich als eigenständige, unabhängige Nation sieht, betrachtet China es als sein eigenes Territorium und hat mehrfach angekündigt, es zurückholen zu wollen.

Die Vereinigten Staaten unterstützen Taiwan mit Sicherheitsmaßnahmen, Waffenlieferungen und Abkommen, die im Falle eines chinesischen Angriffs Hilfe zusichern.

Die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China sind unübersehbar, da die chinesische Regierung die Innovation in fast allen Bereichen übertrifft und die USA nervös versuchen, aufzuholen.

Chinas "Belt and Road"-Initiative, die sich auf internationale Partnerschaften für die Entwicklung der Infrastruktur konzentriert, stellt ebenfalls eine Bedrohung für die geopolitischen Interessen der USA dar, da fast jedes Land in irgendeiner Form ein Abkommen zur Zusammenarbeit mit China in diesem Bereich geschlossen hat.

Obwohl Chinas militärische Kapazitäten noch immer nicht annähernd so weit entwickelt sind wie die der USA, geben die rasche Modernisierung, die steigenden Anforderungen und die Erkundungsflüge den Ton an für das, was zwischen den beiden Nationen noch kommen mag.

Quellen: (AP News) (CNN) (Business Insider)

Sehen Sie auch: G20 im Fokus: Wie dieses Treffen die weltpolitische Agenda bestimmt